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Juli 2009
11.07.2009 naturwissenschaftliche Theorien
zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift Schleifen und Quanten
    Wenn eine Idee nicht auf den ersten Blick absurd erscheint, taugt sie nichts. (1)
 
 

Michio Kaku ist Naturwissenschaftler und forscht im Zusammenhang mit der Stringtheorie (2), um die großen Theorien der Physik zu vereinheitlichen. Aus seinem Essay bei über die Physik des Unmöglichen stammt das einleitende Einstein-Zitat (3).

Kaku unterscheidet phantastische Ideen danach, ob ihre Verwirklichung einfach nur ingenieurhandwerkliches Geschick und Ausdauer verlangen oder nach dem aktuellen naturwissenschaftlichen Kenntnisstand unmöglich erscheinen. Selbst die unmöglichen Ideen teilt er in drei Stufen: In die, die innerhalb weniger (I) oder erst in Tausenden von Jahren (II) realisiert werden können, und in die, die tatsächlich unmöglich sind (III), weil sie den Naturgesetzen widersprechen.

Seine Überlegungen leitet er mit den Fehleinschätzungen großer Theoretiker ein, die das Fliegen oder andere Ingenieursleistungen zu ihrer Zeit als völlig unmöglich angesehen haben und im Rückblick ziemlich daneben gelegen haben.

Kakus Essay ist gut zu lesen und macht Spaß. Er schlägt Brücken zwischen den "ernsthaften" Naturwissenschaften und der Science Fiktion, wie sie auch dem Cyberfahnder nicht fremd sind. Er ist zudem ein wohlwollender Verfechter des Multiversums, mit dem er die Paradoxa im Zusammenhang mit Zeitreisen in die Vergangenheit für lösbar hält.

Kaku nimmt den Mund recht voll, wenn er behauptet: Ich arbeite an der sogenannten Stringtheorie, der führenden und bisher einzigen Kandidatin für eine solche "Weltformel".

Die dennoch aktive Konkurrentin ist die Theorie über die Schleifenquantengravitation (4). Während die Stringtheoretiker wabernde Schlaufen und Bänder zu verstehen versuchen, quanteln die Schleifengravitatoren die Schwerkraft, um die Dilemmata der Relativitätstheorie mit den Singularitäten am Urknall und in Schwarzen Löchern zu durchdringen und die Einsteinsche Theorie zu erweitern. Sie wärmen mit guten Argumenten die Diskussion über Vorgänger- und Babyuniversen neu auf (5).
 

Einer der wichtigsten Vertreter der neuen Theorie ist Martin Bojowald, dem zunächst einen Artikel (6) und dann ein Interview (7) gewidmet hat.

Selbstverständlich ist auch Bojowalds jüngst erschienenes Buch äußerst lesenswert (8). Er führt zunächst in die klassischen Theorien ein und zeigt - für Quantentheoretiker sehr ungewöhnlich - eine ungeteilte Hochachtung für die Relativitätstheorie.

Ihre Singularitäten sind das Problem und Bojowald löst sie, indem er mit Hilfe der Gravitationsquantenschleifen unser Universum behutsam in ein Metauniversum einbettet, in der das eine aus dem anderen entsteht (9).

Das Multiversum betrachtet Bojowald hingegen eher als einen Schrottplatz für Theorien, die ihre Grenzen überschreiten. Ihre Widersprüche werden in ein Paralleluniversum gekippt und retten damit die Erklärung der Hier- und Jetztwelt. Bojowald ist jedoch nicht so böswillig, wie ich es hier formuliert habe.

25.07.2009: Danach verliert sich sich Bojowald im Vagen. Die Schleifenquantengravitation scheint relativistische Singularitäten ausschließen zu können, indem sie den Raum quantelt, und postuliert nicht nur Vorläufer- und Nebenuniversen, sondern auch Echos, die von ihrer Präsenz zeugen können. Griffig werden seine Ausführungen tief philosophischen Exkursionen hingegen nicht.

Was bleibt, ist seine Erweiterung der Allgemeinen Relativitätstheorie: Die Singularität eines Schwarzen Loches führt nicht etwa zu einem Punkt mit konzentrierter Masse, sondern bereits nach der Einsteinschen Theorie zu einem dimensionslosen Punkt in der Zeit, in dem sich die Raumzeit vereinigt.

Das habe ich noch nicht verarbeitet.
 

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(1) Albert Einstein laut (3).

(2) Stringtheorie;
siehe auch Verbindungen zwischen dem Kleinen und dem Großen

(3) Michio Kaku, Die Physik des Unmöglichen, Technology Review 10.07.2009

(4) Harald Zaun, Die Ewigkeit vor dem Urknall, Telepolis 09.04.2004;
Schleifenquantengravitation

(5) siehe auch Parallelwelten.
Stephen Hawking hat 1993 im Zusammenhang mit Schwarzen Löchern über die Entstehung von Baby-Universen spekuliert und 2004 - vielleicht vorschnell - widerrufen.
 

 
(6) Harald Zaun, Der Zeitpfeil vor dem Urknall, Telepolis 27.06.2009

(7) Harald Zaun, Die Allgemeine Relativitätstheorie versagt an der Singularität! Interview mit dem deutschen Astrophysiker Martin Bojowald, Telepolis 29.06.2009

(8) Martin Bojowald, Zurück vor den Urknall. Die ganze Geschichte des Universums, S. Fischer 2009
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(9) siehe auch vor dem Beginn der Raumzeit
 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018