Web Cyberfahnder
über Suchmaschinen und -strategien
  Cybercrime    Ermittlungen    TK & Internet    Literatur    intern    Impressum 
Juli 2010
14.07.2010 10-07-26 Gefahr im Verzug
     
zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift Richtervorbehalt bei Blutprobe

 
Nach § 81a Abs. 2 StPO steht die Anordnung der Blutentnahme grundsätzlich dem Richter zu (...). Der Richtervorbehalt zielt auf eine vorbeugende Kontrolle der konkreten strafprozessualen Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz (...). Die Ermittlungsbehörden müssen zunächst regelmäßig versuchen, eine Anordnung des zuständigen Richters zu erlangen, bevor sie selbst eine Blutentnahme anordnen. Nur bei Gefährdung des Untersuchungserfolgs durch die mit der Einholung einer richterlichen Entscheidung einhergehenden Verzögerung besteht auch eine Anordnungskompetenz der Staatsanwaltschaft und - nachrangig - ihrer Ermittlungspersonen (...). (2) <Rn 26>
 

 
Schon 2008 hat das BVerfG darauf hingewiesen, dass die Anordnung zur Entnahme der Blutprobe ( § 81a StPO) dem Richtervorbehalt unterliegt (1), und vorschnelle Anordnungen der Polizei wegen Gefahr im Verzug als unzulässig angesehen. Seither mehreren sich die Stimmen, die einen nächtlichen Richter-Eildienst fordern und das ungeachtet aller damit verbundenen Kosten.

Seine frühere Entscheidung hat das BVerfG jetzt wieder bestätigt [siehe links (2)]. Dabei ging es um eine Anordnung an einem Werktag in der Zeit gegen 18:00 Uhr, wobei das Bericht als selbstverständlich voraussetzt, dass an einem Werktag zur Tagzeit noch ein Ermittlungsrichter, zumindest aber noch ein richterlicher Eil- oder Notdienst ... zu erreichen gewesen sein wäre <Rn 30>.

Aus der Rechtswidrigkeit der Anordnung folgert das Gericht - wie gehabt - keine Rechtswidrigkeit bei der Verwertung der erlangten Erkenntnisse <Rn 33>.
 

 
Die etwas später von der Polizei in eigener Kompetenz angeordnete Wohnungsdurchsuchung kritisiert das BVerfG hingegen nicht. Die Beamten mussten auf die Situation reagieren, die sie vorfanden, mussten Nachtrunk der Beschuldigten befürchten und durften zu recht annehmen, dass jede Verzögerung den Ermittlungserfolg be- oder verhindern würde. Ihre Wahrnehmungen wurden zeitnah in einem zusammenfassenden Bericht dokumentiert und somit einer nachträglichen richterlichen Überprüfung zugänglich gemacht. Dabei ist es nicht erforderlich, dass jeder beteiligte Beamte selber über seine Beobachtungen berichtet. Die Zusammenfassung durch einen Beamten reiche aus: Aus dieser Dokumentation geht zwar nicht hervor, ob die Kontaktaufnahme zu einem Ermittlungsrichter oder einem Staatsanwalt überhaupt versucht wurde. Eine detaillierte Dokumentation zu dieser Frage war auch entbehrlich, weil die Dringlichkeit der Maßnahme offenkundig war (...): Es handelte sich um einen einfachen Sachverhalt, bei dem sich die tatsächlichen Anhaltspunkte für den Tatverdacht, der Ablauf der Maßnahmen und die Umstände, die den Eilfall begründeten, aus der Dokumentation ergeben. An der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme bestehen keine Zweifel. <Rn 35>
 

zurück zum Verweis Anmerkungen
 


(1) BVerfG, Beschluss vom 28.07.2008 - 2 BvR 784/08;
nächtlicher Richter-Eildienst, 13.09.2009

(2) BVerfG, Beschluss vom 11.06.2010 - 2 BvR 1046/08
 

 

zurück zum Verweis Cyberfahnder
© Dieter Kochheim, 11.03.2018