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Februar 2011
12.02.2011 Daten. Geheimnisse
     
zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift weltweite Datenmenge Linksammlung i-dex

 
 

11-02-24 
Anhand Statistiken aus 2007 haben zwei Forscher die Gesamtmenge des weltweit digital gespeicherten Wissens abgeschätzt und kommen auf 295 Trillionen Bytes (oder 295 Milliarden Gigabytes) (2). Auf schlichte CDs gebrannt würde das einen Stapel ergeben, der 1.000 Kilometer am Mond vorbei reichen würde. In der Zwischenzeit könnte sich ein zweiter, ebenso mächtiger Stapel gebildet haben (3). So imposant solche Zahlen sind, sie lassen drei echte Probleme unerwähnt:

Qualität und Nutzwert: Was sind das für Daten? Automatisch erstellte Protokolle? Zeitgeschichtliche Momentaufnahmen? Literatur und Wissenschaft? Backups, verworfene Konzepte oder anderer Müll? Die pure Menge sagt gar nichts aus.

Verfügbarkeit: Können in dem digitalen Bestand überhaupt noch die Daten erkannt werden, die einen Nutzwert haben könnten? Das berührt Fragen nach der Strukturierung von Datenbeständen, Verschlagwortung oder sonstige Kennzeichen und nach den Dateiformaten. Einfache Texte im ASCII-Format und unkomprimierte Bilddateien (zum Beispiel TIF) lassen sicherlich rekonstruieren, auch wenn sie schon zwei Jahrzehnte alt sind. Seinerzeit musste die Technik aber mit geringen Speichermengen, Disketten und geringen Netzbandbreiten umgehen. Backups und Archive wurden mit Methoden und Programme möglichst stark komprimiert, die heute schon lange überholt und womöglich nicht mehr verfügbar sind. Hinzu kommen die Verschlüsselungen und proprietäre Programme, die heute nicht mehr unterstützt, nicht mehr lauffähig und schlicht nicht mehr verfügbar sind.

Archivierung: Damit sind zwei Probleme angesprochen, die schon erwähnten Dateiformate und die Haltbarkeit von Datenträgern. Gebrannte CDs und DVDs können nach rund 10 Jahren ihren Geist aufgeben, industriell gefertigte nach 20 Jahren. Die Daten bleiben nur erhalten, wenn sie regelmäßig auf frische Datenträger umkopiert werden.

Trotz aller Datenfülle könnte unsere Epoche später nur noch als die Dunkle Zeit überliefert sein, aus der nur noch Fragmente bekannt sind.


15.02.2011: Über interessante Einzelheiten bei den politischen Reaktionen auf Wikileaks, die technische und rechtliche Abschottung und neu entstandene Whistleblowing-Plattformen berichtet Boutin in (5).
 

11-02-25 
Die Linksammlung von Martin Kleile aus Freiburg erfreut sich einer großen Beliebtheit bei interneterprobten Polizisten:

i-dex.de

Die Beschreibungen beschränken sich auf Gruppenüberschriften und Stichworte und man muss sich mit den knappen Angaben beschäftigen sowie etwas suchen, um fündig zu werden. Dann offenbart sich aber auch das eine oder andere Schmuckstück.
 

Geheimnisverrat von Wikileaks

Das Schild stammt von Timm Ulrichs und wurde im Rahmen einer Kunstaktion in Hannovers Innenstadt aufgestellt (1). Die Aktion ist schon witzig gewesen. Das Besondere an diesem Schild ist jedoch die "Kunst am Schild", also der mit Edding bewaffnete Widerstand eines Mitbürgers: "Nö!"

11-02-26 
Tobias Haar setzt sich bei mit dem rechtlichen Spannungsfeld zwischen Meinungs- und Pressefreiheit einerseits und dem Schutz von Staats- und Geschäftsgeheimnissen andererseits am Beispiel von Wikileaks auseinander (4).

Er referiert die einschlägigen Vorschriften aus dem Strafrecht und dem Wettbewerbsrecht und kommt zu dem zutreffenden Ergebnis, dass sich nach deutschem Strafrecht zwar die Informanten, nicht aber die Whistleblowing-Plattform durch die Veröffentlichung strafbar machen würden, es sei denn, ihre Mitarbeiter oder Zuträger hätten zum Geheimnisverrat direkt angestiftet. Im übrigen dürfte die Pressefreiheit gegen die meisten Angriffe als Schutzschild greifen.

Gefährdet sind hingegen die Host-Betreiber, die die geheimen Dokumente unmittelbar präsentieren. Sie können sich vor allem zivilrechtlicher Ansprüche (Abmahnungen, Klagen wegen Unterlassung) aussetzen und zermürbt werden, ohne dass ihnen Grundrechte wie die Pressefreiheit zur Seite stehen.

Haar behauptet zu recht, dass geheime Informationen nur dadurch vor ihrer Veröffentlichung geschützt werden können, wenn sie an ihrer Quelle vor unberechtigte und Vervielfältigung gesichert werden. Daneben erwartet er ein zunehmend scharfes Vorgehen gegen das Whistleblowing und schließt: Denn eines ist klar: Eine ungehinderte Veröffentlichung geheimer Informationen ist auf lange Sicht nicht hinnehmbar – weder für Staaten noch für Unternehmen.
 

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(1) Henning Queren, Ende vom Schildbürgerstreich, Neue Presse 08.02.2011

(2) Jan Oliver Löfken, 295.000.000.000.000.000.000 Bytes – Inventur des Weltwissens, Wissenschaft aktuell 11.02.2011

(3) weitere Einzelheiten: Matthias Gräbner, Die große Daten-Inventur, Telepolis 11.02.2011

(4) Tobias Haar, Ausposaunt. WikiLeaks zwischen Aufklärung und Geheimnisverrat, ix 02/2011, S. 92

(5) Paul Boutin, Die Unwägbarkeiten des Leaking-Geschäfts, Technology Review 15.02.2011
 

 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018